Scripta Manent

Das Romanische Skriptorium

Hans
Zotter
27.90
Erschienen
04/2020
ISBN
978-3-902666-70-3

Aus dem ersten Jahrhundert des Bestehens des 1140 gegründeten Augustiner Chorherrenstiftes Seckau in der Obersteiermark haben sich etwa 90 Handschriften bis heute erhalten, die seit den josephinischen Klosteraufhebungen des 18. Jahrhunderts an der Universitätsbibliothek Graz aufbewahrt werden. Die meisten dieser Handschriften wurden im Seckauer Skriptorium unter der Leitung des Chorherren (und Armarius) Bernhard von Lohnschreibern geschrieben. Seine Spuren als Planer, Schreiber, Emendator, Rubrikator und Organisator der Buchproduktion lassen sich in rund 30 Kodizes noch heute nachweisen. Besonders wertvoll sind dabei die zahlreichen Besitz- und Schreibereinträge, in denen er die Namen seiner Mitarbeiter nennt. Darüber hinaus lassen sich seine Spuren auch noch in anderen steirischen Klöstern nachweisen, besonders natürlich im Chorherrenstift Vorau, dem er seit 1185 als Propst vorstand. Aber auch nach seinem Weggang wurde die Seckauer Bibliothek zügig erweitert, wenn auch aus dieser Periode bis zum Jahrhundertende keine Schreibernamen mehr bekannt sind. Gegen Ende des 12. Jahrhunderts hatte die Bibliothek dann wohl den Umfang erreicht (etwa das Doppelte des heutigen Bestandes), der den Chorherren als ausreichend erschien: einerseits die liturgischen Bücher, die dem Gottesdienst dienten und in der Nähe des Altars aufbewahrt wurden, die eigentliche Bibliothek, durch Ketten gesichert, und schließlich die privaten Bücher der Chorfrauen, Breviere und Gebetbücher, manche von den Frauen ins Kloster mitgebracht, andere im Seckauer Skriptorium geschrieben. Nach dem Erlöschen des Chorfrauenstifts im 15. Jahrhundert gelangten auch diese Bücher in die Seckauer Bibliothek.